Herford(Westfalen-Blatt / WB / Bernd Bexte). Michael Schönbeck scheut nicht vor Kritik an seiner Partei. »Der Umgang mit dem Rezo-Video war eine kommunikative Katastrophe«, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende im Herforder Kreistag. Wie es besser laufen kann, darüber macht sich das der Partei nahestehende CNetz Gedanken, dessen Bundesvorstand Schönbeck seit 2014 angehört.
Michael Schönbeck: »Die CDU hat auf das Rezo-Video falsch reagiert.« Foto: Bexte Nein, Netzpolitik sei bislang nicht gerade das Steckenpferd seiner Partei, gibt der 35-Jährige aus Spenge (Kreis Herford) zu. Dabei habe die Digitalisierung nahezu alle Lebensbereiche erfasst – und für junge Menschen sei dies Alltag. Deshalb sei auch die Antwort der CDU auf das mittlerweile mehr als 14 Millionen Mal geklickte Video »Die Zerstörung der CDU« des Youtubers völlig unangemessen gewesen. »Da wurden wie in einer Abschlussarbeit auf elf PDF-Seiten Standpunkte aufgelistet. Das liest doch keiner«, sagt der IT-Fachmann, der seit 2006 die Bielefelder Niederlassung einer Heilbronner Firma leitet, die Schulen digitalisiert.
Wie hätte die Partei reagieren sollen? »Man braucht in solchen Fällen eine schnelle Antwort im selben Medium.« Also doch das von der Partei gestoppte Video des CDU-Nachwuchsmanns Philipp Amthor hochladen? »Ich habe es nicht gesehen. Aber ich habe gehört, dass es besser sein soll als die elf Seiten schriftlicher Stellungnahme. Das hat die Partei leider vergeigt.«
Noch ärgerlicher als die Reaktion der CDU findet Schönbeck den Auslöser der Debatte: das Rezo-Video. »Ich habe nach ein paar Minuten aufgehört, mir das anzugucken. Die Art und Weise, dieser aggressive Grundton – das muss ich mir nicht antun.« Sicher, man könne die CDU kritisieren. »Dafür mag es Gründe geben. Aber hier geht es ja explizit um Zerstörung.« Und überhaupt: Ob dieses Video die ganze Aufmerksamkeit verdiene, »da mache ich mal ein großes Fragezeichen dahinter«.
Zumindest ein Gutes habe die Diskussion. »Vielleicht bekommt die digitale Kompetenz des CNetzes jetzt mehr Aufmerksamkeit in der Partei.« Das ist ein 2012 gegründeter Verein, der der CDU nahe steht. Als »Think tank« setzen sich die bundesweit etwa 500 Mitglieder für eine »verantwortungsvolle Digitalpolitik ein, die einen fairen Ausgleich zwischen unterschiedlichen Interessen schafft«.
Konkret geht es auch darum, CDU-Politiker beim Social-Media-Auftritt zu beraten und auf Entwicklungen mit Bezug zur Netzpolitik hinzuweisen. Alle Aktiven einen bürgerliche Überzeugungen, die meisten sind CDU-Mitglieder, Voraussetzung ist dies aber nicht. Sprecher ist Prof. Dr. Jörg Müller-Lietzkow vom Institut für Medienwissenschaften der Uni Paderborn. Ziel sei es auch, selbst Youtube-Influencer aufzubauen. »Aber das steht ganz am Ende der Kette«, sagt Schönbeck, der dem CNetz seit 2012 angehört.
Er macht seit seinem Eintritt in die CDU vor 20 Jahren Netzpolitik – wenn zu Beginn auch in anderer Form. »Damals habe ich regelmäßig LAN-Partys in Spenge organisiert.« Ihm gehe es darum, dass Themen der Digitalisierung und Netzpolitik nicht länger als Randerscheinungen betrachtet würden. »Auch im Internet müssen Eigentumsrechte geschützt werden.« Statt der umstrittenen Upload-Filter hält er Lizenzgebühren, die die großen Plattformen Urhebern zahlen, allerdings für zielführender. Die Politik müsse schneller erkennen, ob es regulatorische Notwendigkeiten gebe. »Ich denke hier zum Beispiel an Geschäftsmodelle wie das des Fahrdienstanbieters Uber.«
Auch andere Parteien haben »Think tanks« zur Digitalisierung: Der 2011 gegründete Verein »D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt« steht der SPD nahe.