Michael Schönbeck

Im Dienst der Allgemeinheit

Generationentreffen: CDU im Kreis Herford diskutiert über Gesellschaftsjahr – Michael Schönbeck: „Thema sollte Bestandteil des Wahlprogramms sein“

Herford HK. Ein Jahr im Dienst der Gesellschaft aktiv sein: sei es bei der Feuerwehr, in der Pflege, in Vereinen oder im Ausland. Diese Idee steckt hinter dem Gesellschaftsjahr, das laut Parteitagsbeschluss der CDU vom vergangenen Jahr verpflichtend sein soll.

Im Kontor Kaffee in Herford diskutierten Fabienne Dunker (JU-Kreisvorsitzende, von links), Michael Schönbeck (CDU-Fraktionsvorsitzender im Kreistag) und Manfred Oermann (Kreisvorsitzender der Senioren-Union) über das Gesellschaftsjahr. (Foto: Angelina ZanIm Kontor Kaffee in Herford diskutierten Fabienne Dunker (JU-Kreisvorsitzende, von links), Michael Schönbeck (CDU-Fraktionsvorsitzender im Kreistag) und Manfred Oermann (Kreisvorsitzender der Senioren-Union) über das Gesellschaftsjahr. (Foto: Angelina Zan

Doch wird das Vorhaben nicht von allen in der Union getragen. Grund genug, mit Vertretern der CDU aus unterschiedlichen Generationen darüber zu sprechen. HK-Redaktionsleiter Ralf Meistes traf sich zum Meinungsaustausch mit der Kreisvorsitzenden der Jungen Union, Fabienne Dunker (29), mit dem Fraktionsvorsitzender der CDU im Kreistag, Michael Schönbeck (39), und mit dem Kreisvorsitzenden der Senioren-Union, Manfred Oermann (77).

Frau Dunker, das Ende Ihrer Schulzeit ist zwar auch schon wieder zehn Jahre her, aber hätten Sie sich nach der Schule ein Gesellschaftsjahr vorstellen können?

Fabienne Dunker: Grundsätzlich ja. Aber ich hätte mir dann schon auch einen Bereich aussuchen wollen, der zu meinem künftigen Lebensweg gepasst hätte. Derzeit wird die Debatte über ein Gesellschaftsjahr zu sehr auf die Bereiche Pflege oder Bundeswehr beschränkt. Es müssten viel mehr Alternativen angeboten werden. Und es sollte etwas sein, das für den künftigen Lebensweg angerechnet wird. Ich denke, dass sich dann viele junge Leute für ein Gesellschaftsjahr entscheiden würden. Deshalb möchte ich, anders als im Parteitagsbeschluss festgelegt, zunächst ein Gesellschaftsjahr auf freiwilliger Basis.

Michael Schönbeck: Das sehe ich etwas anders. Fabienne ist jemand, die sich bereits seit ihrer Jugend in vielen Bereichen engagiert hat. Hier am Tisch sitzen nur CDU-Mitglieder, für die gesellschaftliches Engagement selbstverständlich ist. Für viele andere ist es das nicht. Die sagen häufiger, der Staat müsste dies, der Staat müsste jenes und sie übersehen dabei, dass der Staat wir alle sind. Wir alle können unseren Beitrag leisten, dass das Gemeinwesen besser funktioniert. Ich glaube aber nicht, dass wir das auf freiwilliger Basis hinbekommen, deshalb bin ich für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr.

Wie sieht das die Senioren-Union, Herr Oermann?

Manfred Oermann: Ich sag mal so, ich bin damals zur Bundeswehr gegangen und es war eine tolle Zeit. Zu einem der Kameraden habe ich heute noch Kontakt, obwohl das über 50 Jahre her ist. Und es kamen Menschen aus unterschiedlichen Schichten zusammen. Das gibt es ja heute auch nicht mehr so. Ich bin schon der Meinung, dass der Zusammenhalt nachgelassen hat.

Mit dem Bundesfreiwilligendienst gibt es ja bereits eine Möglichkeit, sich für die Allgemeinheit zu engagieren. Warum reicht das aus Ihrer Sicht nicht?

Fabienne Dunker: Weil das Angebot hier noch nicht ausreichend ist. Für mich war beispielsweise früh klar, dass ich nach der Schule etwas im Bereich BWL machen möchte. Hätte es hier Möglichkeiten gegeben, das Gesellschaftsjahr mit einem Auslandsjahr zu verbinden, wäre ich vielleicht darauf zugegangen. Im Übrigen glaube ich nicht, dass ein 12-monatiger Dienst an der Allgemeinheit das Zusammengehörigkeitsgefühl nachhaltig stärkt.

Sondern?

Fabienne Dunker: Da spielt die Prägung aus dem Elternhaus schon eine große Rolle. Ich war früh im CVJM engagiert, habe bei Kindergottesdiensten mitgewirkt, für mich ist das selbstverständlich.

Michael Schönbeck: Und genau da sehe ich das Problem. Es gibt eben immer weniger, für die das Engagement für andere, das Mitarbeiten in einer Gruppe selbstverständlich ist. Wenn sich aber ein nicht geringer Anteil der Bevölkerung aus allem rauszieht, wird es schwer, die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, zu bewältigen.

Bei einer Veranstaltung der Kreis CDU in der Herforder Markthalle haben Vertreter von Feuerwehr, THW und aus dem Pflegebereich gesagt, dass ihnen eine neun- oder zwölfmonatige Unterstützung in Form eines Gesellschaftsjahres nicht allzu viel bringen werde. Die Zeit sei zu kurz. Ist das dann nicht eine Phantomdiskussion?

Michael Schönbeck: Nein, warum sollte die Zeit nicht beispielsweise für eine Ausbildung in der Pflege angerechnet werden? Dann könnte ein Gesellschaftsjahr auch über 18 Monate gehen. „Warum sollte nicht die Zeit in der Jugendfeuerwehr in irgendeiner Form auf ein etwaiges Gesellschaftsjahr angerechnet werden? Da gibt es viele Modelle, die man sich vorstellen kann. Auch für den Katastrophenschutz beim THW.

Manfred Oermann: Das will ich noch mal unterstreichen. Wir sollten schon Anreize schaffen, die über das hinaus gehen, was es heute schon gibt.

Fabienne Dunker: Da will ich aber noch mal einhaken. Ein freiwilliges soziales Jahr oder Gesellschaftsjahr muss man sich auch leisten können. Wer beispielsweise ein freiwilliges ökologisches Jahr macht, der darf nicht noch draufzahlen.

Michael Schönbeck: Dass es eine Aufwandsentschädigung geben muss, ist klar. Wir sollten aber davon wegkommen, das Ganze nur unter dem Blickwinkel zu sehen: Was habe ich davon. Es soll schon das Engagement für die Allgemeinheit im Mittelpunkt stehen.

Herr Oermann, Sie sagen zum einen, es wird immer schwieriger, ältere Menschen für ein Engagement zu motivieren. Gleichzeitig haben Sie es in Ihrer Seniorenunion in Kirchlengern geschafft, dass die Zahl der Teilnehmer bei Veranstaltungen deutlich nach oben gegangen ist. Was ist Ihr Geheimnis?

Manfred Oermann: Hartnäckigkeit. Vor zwei Jahren kamen so etwa 15 Leute zu unseren Veranstaltungen, heute sind es 50 bis 60. Ich lade alle schriftlich ein, rufe aber kurz vor der Veranstaltung auch noch mal jeden an, um sicher zu gehen, dass der Termin noch präsent ist.

Fabienne Dunker: Das unterscheidet sich im Übrigen nicht sehr von der Arbeit in der Jungen Union. Wir haben es mit der „Generation unverbindlich“ zutun. Da ist eine persönliche Ansprache sehr wichtig. Wenn jemand Interesse hat, bei uns mitzumachen, biete ich ihm oder ihr immer ein persönliches Treffen an.

Mit Erfolg wie man hört. Die JU im Kreis Herford ist kürzlich für ihr Engagement ausgezeichnet worden.

Fabienne Dunker: Ja, wir haben den Mitglieder-Marathon auf Landesebene gewonnen. Das freut uns sehr. Wir haben in 18 Monaten prozentual zu unserer Mitgliederstärke die meisten Mitglieder hinzugewonnen. Und das in Zeiten, in denen woanders die Mitgliederzahlen zurückgehen.

Michael Schönbeck: Da höre ich übrigens auch auf Bezirksebene, was wir für eine tolle JU-Truppe im Kreis Herford haben.

Abschließend die Frage an Sie drei: Was wünschen Sie sich, wie soll es mit dem Gesellschaftsjahr weitergehen?

Michael Schönbeck: Ich wünsche mir, dass wir als CDU konkrete Ideen, wie so ein Gesellschaftsjahr ausgestaltet werden kann, in unser Programm für die nächste Bundestagswahl mit aufnehmen. Wir sollten damit aktiv Wahlkampf machen.

Fabienne Dunker: Ich wünsche mir, wie gesagt, dass wir ein Gesellschaftsjahr zunächst auf freiwilliger Basis einführen. Wichtig ist dabei, die jungen Leute in die Diskussion mit einzubeziehen. Und es sollte vielfältige Möglichkeiten des Engagements geben.

Manfred Oermann: Ich wünsche mir, dass das Gesellschaftsjahr kommt und auch als Chance begriffen wird, dass man wieder näher zusammenrückt. Es ist eine Binsenweisheit, aber gemeinsam geht vieles nun mal besser.